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“Star Trek: Nemesis” oder wie man ein über dreissigjähriges Franchise zu Grabe trägt

Star Trek: Nemesis versprach ein furioses Ende für die Crew um Captain Picard und Commander Riker. Und Versprechen sollten eigentlich eingehalten werden, oder?

Inhalt:
Während der Hochzeit von Riker und Troi erfährt Picard von einem weiteren Grund zum Feiern: Die Romulaner wollen Frieden schließen und der Captain wird zum Abgesandten der Föderation ernannt. Als sich die Enterprise zum romulanischen Imperium aufmacht, erwartet sie ein brillianter Bösewicht mit einem diabolischen Zerstörungsplan. Sein unvorstellbares Geheimnis wird zu Picards furchtbarster Herausforderung.

Als ich hörte, dass Stuart Baird den zehnten und letzten Film der TNG-Crew verfilmt, sah ich ein episches Ende für die Star Trek: The Next Generation-Saga kommen. Baird ist ein erfahrener Cutter und hat auch als Regisseur schon das eine oder andere Werk rasant umsetzen können. Als noch faszinierender war die Besetzung des Drehbuch-Autors anzusehen. Mit John Logan, der für seine Drehbücher Gladiator und Aviator für den Oscar nominiert wurde und ebenso für die Drehbücher zu Any Given Sunday und The Last Samurai verantwortlich ist, wurde ein hochgradig talentierter Mann engagiert.

Star Trek: Nemesis begann rasant. Mit herrlich animierten Szenen von Romulus zoomt die Kamera auf den romulanischen Senat, welcher von einer Attentäterin in fast schon bester Horrorfilmmanier vernichtet wird. Weiter gehts mit Szenen von Rikers Hochzeit. Immer wieder schön, die uns bekannte Crew auf der Leinwand oder dem Screen begrüssen zu dürfen. Sogar Whoopi Goldberg als Guinan und Wil Wheaton als Wesley Crusher sind unter den Gästen auszumachen. Guinan hat immerhin ein paar Sätze zu sagen, während Crushers Screentime etwa 4 Sekunden beträgt. Das war schon mal ein trauriger Fehler.

Rasant gings weiter. Die Enterprise empfängt ein positronisches Signal, welches sich als eine Kopie des Androiden Data herausstellt. Ein kurzes Gähnen wird erlaubt sein, gab es doch schon in der Serie Star Trek – The Next Generation den Androiden Lore, welcher Datas böser “Bruder” war.

Die folgenden Szenen auf Romulus, bzw. auf des Gegners Schiff namens Scimitar waren ganz ansprechend, wobei stets eine Frage in meinem Kopf herumschwirrte. War es nötig, den hier noch viel zu jungen Tom Hardy als jüngere Picardklon-Ausgabe zu verpflichten? Wäre es nicht wesentlich klüger und interessanter gewesen, Patrick Stewart hier eine Doppelrolle spielen zu lassen? Patrick Stewart ist zudem wohl einer der hochgradigsten Darsteller aller Trek-Akteure. Ihn als böse Ausgabe von Picard zu sehen, wäre wahrlich ein Augenschmaus gewesen. Nichts gegen Tom Hardy, aber er kann Stewart in keiner Sekunde das Wasser reichen, egal wie böse seine Figur auch angelegt ist.

Also, der böse Shinzon ist ein Klon Picards und kann nur durch Picards Blut überleben. Da die Enterprise der Scimitar nicht gewachsen ist, setzt man mit Vollgas Kurs in heimatliche Gewässer. Natürlich wird das Schiff von Shinzon abgefangen und es kommt zum grossen Showdown in einem Nebel. Spätestens hier klingelten bei mir die Deja Vu-Glocken. Showdown im Nebel zwischen Gut und Böse. Hatten wir das nicht schon in Star Trek II – Der Zorn des Khan?

Wir erleben nun eine perfekt umgesetzte Weltraumschlacht der allerersten Güte. Actionfreunde kommen hier wahrlich auf ihre Kosten. Ein Abnützungskampf auf höchstem Niveau, welche mit dem Tod Datas und der Zerstörung der Scimitar endet (übrigens, in Star Trek II stirbt auch der emotionslose Wissenschaftsoffizier und opfert sich für seine Kameraden). Der Film endet im Erdorbit, die Enterprise wird repariert, es wird auf den verstorbenen Data angestossen, Riker wird Captain seines eigenen Schiffes und that’s it. Ende. Aus. Vorbei.

Was für eine Klatsche ins Gesicht Star Trek: Nemesis für die Freunde dieser Crew doch ist. Zwar wurde Rücksicht genommen auf vergangene Geschichten, trotzdem geht die Story ziemlich rücksichtslos mit der Crew um. Die Deleted-Scenes des Films hätten dem Film sehr gut getan.

Noch härter ist eigentlich der Audiokommentar von Stuart Baird, der den Zuschauer im sieben Minuten-Takt wissen lässt, dass die Sets nicht optimal waren, eigentlich gar nichts optimal war, etc. Ich frage mich, warum ein erfahrener Mann dann überhaupt einen Genre-Film übernimmt, wenn er mit diesem Franchise schon nichts am Hut hat? Ebenso frage ich mich, warum Produzent Rick Berman nicht wieder Riker-Darsteller Jonathan Frakes den Posten des Regisseurs anvertraut hat? Hat Berman einfach nur versucht die letzte Reise der TNG Crew mit grossen Namen auszuschmücken?

Das Auftreten der Remaner, einer Art Unterrasse der Romulaner, war allerdings genial. Aus dem grössten Horrorkabinet entsprungen und ganz klar an Nosferatu erinnernd, war Ron Perlman als Viceroy klar eine kleine Perle in Star Trek: Nemesis.

Es war ja wirklich nicht alles schlecht in diesem zehnten Star Trek-Abenteuer. Immer wieder wurden die Geschehnisse in den anderen Serien angesprochen. Der Dominion-Krieg aus Deep Space Nine, Rikers erstes Treffen mit Data in der Pilotepisode von The Next Generation, selbst die Voyager wurde durch einen Kurzauftritt von Admiral Janeway vertreten. Wenigstens in diesem Punkt wurde nicht geschlampt.

Fazit: Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass alle Trek-Filme mit geraden Nummern die besseren wären. Diese Regel wurde mit dem zehnten Trek-Abenteuer widerrufen. Star Trek: Nemesis ist der schwächste Film der Picard-Ära. Generations hatte emotionale Höhepunkte. First Contact war ein Meisterwerk unter den Star Trek-Filmen und Insurrection war auch als “gerade noch gut” anzusehen. Nemesis ist der traurige Abgang der TNG-Crew und sicherlich ein Mitgrund, warum das Franchise auch 13 Jahre später noch ohne neue TV-Serie darsteht. J.J. Abrams hat das Franchise zwar wiederbelebt, aber das richtige Star Trek starb 2002 einen traurigen Tod.

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Autor: Dominik Hug

Mitdreissiger. Basler. Auch im Erfolg stets unzufriedener FCB-Fan. Filmkritiker. Leidenschaftlicher Blogger. Strassensportler. Apple User. Hat eine Schwäche für gute Düfte. Liest eBooks. Hört gerne Rockmusik. Fährt einen Kleinstwagen. Geht gerne im Ausland shoppen. Herzkalifornier. Hund vor Katze. Hat immer eine Sonnebrille dabei. Gelegentlicher XBox-Zocker. Hat 2016 überlebt.

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