von Gastautor Sebastian Blasek
Spoilerwarnung. In dieser Rezension gibt es massive Spoiler zur achten Discovery-Folge «Si Vis Pacem, Para Bellum«. Es empfiehlt sich daher unbedingt, vor dem Lesen diese und am besten auch alle vorherigen Episoden der Star-Trek-Serie gesehen zu haben.
I. Einleitung.
Es gibt gute und schlechte Discovery-Nachrichten.
Die gute ist, dass aufgrund des sich bereits jetzt abzeichnenden Erfolges eine zweite Staffel der siebenten Star-Trek-Serie von CBS bestellt wurde und es die Franchise damit auch weiterhin im (Internet-) Fernsehen geben wird. Tatsächlich beginnen in zwei Wochen sogar die Arbeiten an der kommenden Staffel.
Die schlechte Nachricht lautet allerdings, dass wir auf die nächste Staffel bis mindestens Anfang 2019 warten müssen – und eingedenk des Umstandes, dass schon der anvisierte Ausstrahlungstermin der ersten Staffel mindestens zwei Mal nach hinten verschoben wurde, dürft das Warten wohl Ausmaße annehmen, die mit «Rick and Morty» vergleichbar sind.
Natürlich könnte man nun einwerfen, dass Nicholas Meyer durchschimmern ließ, dass er selbst an einer Khan-zentrierten Nebenserie arbeiten würde. Wann, wie und ob dieses momentan wohl kaum über den Status eines Gedankenspiels hinausgewachsene Projekt allerdings Realität werden wird, steht wohl noch mehr in den Sternen als der voraussichtliche Start der nächsten Staffel Discovery.
So bleibt dem gemeinen Zuschauer nur hilflos mit den Achseln zu zucken und mit dem Vorlieb zu nehmen, was er im Hier und Jetzt vorgesetzt bekommt:
Die achte Discovery-Episode mit dem wunderschönen Titel «Si Vis Pacem, Para Bellum«.
II. Story.
Während die USS Discovery verzweifelt versucht, anderen Föderationsschiffen im Kampf gegen die tarnfähigen Klingonenschiffe beizustehen, finden sich Saru, Ash Tyler und Michael Burnham auf einer fremden Welt wieder, deren Beschaffenheit eine Möglichkeit bietet die feindlichen Kreuzer trotz Unsichtbarkeit aufzuspüren.
Doch schnell wird klar, dass der Planet keineswegs so unbewohnt ist, wie die drei Außenteam-Mitglieder gedacht hätten. Eine körperlose Spezies nimmt mit ihnen Kontakt auf und scheint einen Einfluss auf Saru auszuüben, der das Wesen des Kelpianers radikal verändert.
Derweil versucht die T’Kuvma-Anhängerin L’Rell ihr Glück in den Reihen Kols, der sich durch den Diebstahl der Tarntechnologie zum Anführer des Kriegervolkes aufschwingen konnte. Doch insgeheim verfolgt sie ganz andere Pläne:
Als sie in ihrer Tätigkeit als Verhörexpertin zum gefangen genommenen Admiral Cornwell gelangt, offenbart sie ihr, dass sie mit ihr zusammen fliehen möchte. Die beiden ungewöhnlichen Alliierten entfliehen so zwar ihrer Zelle, doch als sie kurz darauf von Kol ertappt werden, entbrennt zwischen den beiden Frauen ein blutiger Kampf um Leben und Tod…
III. Lobenswerte Aspekte.
Moralität.
Natürlich ist Moralität stets ein sehr subjektives Thema. Für Kirsten Beyer, die Autorin dieser Episode etwa stand die Idee im Mittelpunkt, Frieden inmitten von Krieg zu beleuchten. Andere sehen die Botschaft eher darin, dass man sich nicht untätig zurücklehnen kann, wenn Frieden nicht ohne fremde Hilfe möglich ist.
Ich dagegen sehe eine andere Moral deutlich tiefer und übergreifender angelegt, denn sie ist allgegenwärtig und hier auf so ziemlich jeden Charakter der Serie gemünzt:
In «Si Vis Pacem, Para Bellum» (meine bescheidene Übersetzung «Wer Frieden will, muss sich für den Krieg rüsten«) geht es nicht primär um den Krieg zwischen Föderation und Klingonen, sondern um jene Auseinandersetzungen, die wir tagtäglich im Inneren ausfechten. Wir alle haben nämlich kleine Dämonen in uns, denen wir uns auf die ein oder andere Weise stellen müssen. Den Figuren in «Discovery» geht es nicht anders:
Sarus Leben wird so sehr von Angst beherrscht, dass er bereit ist, extreme Maßnahmen zu ergreifen um einen Zustand zu erhalten, der ihn von dieser Last befreit.
Michael Burnham muss sich mit ihrer Zukunft im Gefängnis auseinandersetzen und darüber hinaus nicht nur mit der persönlichen Verantwortung für den Krieg gegen die Klingonen, sondern auch mit dem Kainsmal der Meuterei auf einem Sternenflottenschiff.
Paul Stamets hingegen kämpft nicht nur mit den immer deutlicher zu Tage tretenden Nebenwirkungen seines bewusstseinserweiternden Pilzkonsums, sondern auch mit dem Dilemma, seinen Partner Dr. Hugh Culber nicht in eine ausweglose Situation zu bringen.
Captain Gabriel Lorca kämpft gegen die Angst, die Oberhand im Krieg zu verlieren, Ash Tyler möchte die (vermeintlichen) Gräuel seiner Haft und die damit verbundene Gier nach Rache unter Kontrolle halten und selbst die Klingonin L’Rell hat mit ihrem Hass auf Kol ein Motiv zu bieten, dass von ihren Plänen für Voq abzulenken versteht.
Im Endeffekt zeigt die Folge dabei eines deutlich: Ohne die inneren Dämonen ist man nicht mehr man selbst, verliert den Antrieb, die Selbstregulation oder die Motivation. Die inneren Kämpfe sind so sehr Teil eines jeden Individuums, dass man ohne sie Gefahr läuft, auch sich selbst zu verlieren.
IV. Kritikwürdige Aspekte.
Auch dieses Mal fallen wieder einige der vormals positiven Aspekte in diese Kategorie, weil die überwiegende Tendenz eher negativ ausfiel.
Folgenaufbau.
Ausgerechnet der verdiente Star-Trek-Buch-Autor David Mack – selbst eine Koryphäe darin, spannende und bewegende Star-Trek-Geschichten zu verfassen – gab laut Memory Alpha zu dieser Folge zu Protokoll (in meiner bescheidenen Übersetzung):
«Falls die Folge so gut wird wie das Drehbuch… Ich denke ihr Script war großartig. Ihr Drehbuch brachte mich zum Weinen; es war wunderschön. Das Ende des Scripts ist ergreifend. Ich hoffe, dass das Produktionsteam, das Editorenteam, das Nachbearbeitungsteam und überhaupt jeder das Drehbuch so gut auf die Leinwand bringt, wie sie es zu Papier brachte. Wenn jeder seinen Job so gut macht wie sie es tat, bleibt bei der achten Folge der dritten Staffel kein Auge trocken.»
In Anbetracht der Tatsache, dass ihr Kollege Ted Sullivan ähnliche Lobeshymnen anstimmte, bleibt nur eine logische Schlussfolgerung:
Da muss ordentlich was schiefgelaufen sein.
Meine Befürchtung ist nur, dass dies nicht allein an den Produzenten, Editoren oder Nachbearbeitern lag, sondern tatsächlich an allen Beteiligten, inklusive Beyer.
Schon allein das Konzept von Pahvo, das irgendwo auf einer Skala zwischen der TOS-Episode «Kampf um Organia» und James Camerons «Avatar» lag, war nicht unbedingt das, was ich an dieser Stelle als eine großartige Kreativleistung bezeichnen würde. Hinzu kommt der hanebüchene Ansatz eines planetaren Echolots, das im gesamten All bei der Jagd auf klingonische U-Boote getarnte Schiffe helfen soll.
In seiner ganzen Anlage passt dieses Stück pseudo-wissenschaftlicher Zauber-Technologie eher ins märchenhaftere Star-Wars-Universum und in Kombination mit dem ellenlangen Marsch durch die kanadische Flora und Fauna erinnerte es nicht minder stark an Stargate, dessen Ableger aufgrund des ebenfalls kanadischen Drehortes erschreckend ähnliche Außen-Sets aufwies.
Letzten Endes ergibt sich ein Gesamtbild, das mit ‹aus jedem Dorf ein Köter‹ noch sehr wohlwollend formuliert ist.
Natürlich kann man dem ganzen zugutehalten, dass es in bester Star-Trek-Manier ein neues Alien-Konzept beschreibt, das nicht nur eine neue Welt und eine neue Lebensform, sondern sogar eine neue Zivilisation miteinbringt. Da sich aber die Pahvaner visuell kaum von den Pilz-Sporen unterschieden, großzügig bei Vorbildern aus Star Trek und anderen Science-Fiction-Franchises bedienten und auch optisch weit hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben, kann das jedoch nur bedeuten, dass es sich um ein Versagen auf allen Ebenen handelte.
Und das war ja nur der Planet.
Die Multiperspektive, sonst stets ein willkommener Erzählstil, war in drei verschiedene Handlungsorte geteilt: Die Planetenoberfläche von Pahvo, die USS Discovery und das Sarkophag-Schiff der Klingonen.
Im Endeffekt verfügte durch diese Aufteilung keiner der drei Handlungsstränge über ausreichend Platz zur Entfaltung. Die unterschiedlichen Inhalte hätten bequem in zwei verschiedene Folgen gepasst, was nicht nur den einzelnen Handlungsentwicklungen gut getan, sondern auch die Zuschauer nicht mit so vielen Fragezeichen zurückgelassen hätte.
So aber rast man auf Pahvo wie ein Kelpianern mit gefühlten achtzig km/h durch die Story, während die Klingonen mit jedem einzelnen Wechsel klaffende Lücken ins Erzähltempo rissen.
Die Handlungselemente auf der Discovery hingegen waren plump konstruiert (z.B. diente die Anfangsszene um die Zerstörung der USS Gagarin allein der Verdeutlichung, wie schlecht es um die Föderation im Krieg gegen die Klingonen steht und wie nötig sie ein Gegenmittel gegen die klingonische Tarntechnologie benötigen) und so bruchstückhaft, dass man gleichermaßen auch bequem auf sie hätte verzichten können.
Bei Lichte besehen ist «Si Vis Pacem, Para Bellum» daran aber noch nicht einmal wirklich Schuld. Vielmehr leidet die Episode unter der Erzählfaulheit ihres Vorgängers und muss nun in viel zu kurzer Zeit den immensen Rückstand aufholen, der sich in einer Folge angesammelt hat, die sich dem engen Griff des generellen Handlungsstrangs erfolgreich entzogen hat.
So wurde schließlich aus einer ursprünglich vielleicht sogar gut geschriebenen Folge das, was sie am Ende ist:
Keine elegante, herzerweichende oder gar feinfühlige Episode, sondern eine pragmatische Lückenbüßerin. Sie ist ein funktionales Arbeitstier, das die Handlung vorantreibt und dabei nur wenig Zeit lässt, die gut gemeinten Ansätze von Charakterentwicklung mit ausreichend Verweildauer zu bedenken.
Daher wirkt sie am Ende – nicht zuletzt wegen des ersten richtigen Cliffhangers in der Serie – irgendwie unfertig wie der erste Teil einer Doppelfolge. Vielleicht legt «Si Vis Pacem, Para Bellum» den Grundstein für die Brillanz der nächsten (und vorerst letzten) Folge Discovery, aber für sich allein kann sie kaum etwas bieten, das die himmelhochjauchzenden Jubelarien ihrer Autorenkollegen wirklich verdient hätte.
Charaktermomente.
Eigentlich ist Saru der absolute Gewinner dieser Folge, die auch den Titel «Saru rennt» verdient hätte. Seine innere Zerrissenheit, die bei seinem Trip auf dem blauen Planeten stärker als sonst zu Tage tritt, macht ihn zur tragischen Figur dieser Folge, nicht zuletzt weil sein Schauspieler sich bemerkenswerterweise durch die schweren Silikon-Prothesen auf seinem Gesicht hindurchspielt.
Bedenkt man ferner, dass die Figur des Saru ein Kind der Ideen seines Darstellers Doug Jones und der Autoren von Discovery ist, kommt man nicht umhin anzuerkennen, wie schnell diese Kreation zu einem zentralen und unverzichtbaren Teil der Serie geworden ist.
Der Reiz der Folge liegt daher nicht zuletzt in den vielen Informationen, die man über das Volk der Kelpianer erhält und beginnt, die Existenz dieser Spezies mit einer gewissen Wehmut zu betrachten.
Doch am Ende fühlt man sich von der Entwicklung Sarus – so nachvollziehbar sie auch ist – schnell überrumpelt, denn die Drehbuchautoren lassen sich schlichtweg viel zu wenig Zeit, um etwa Sarus plötzlichen Gewaltausbruch ausreichend zu begründen.
Von allen Klingonen bleibt L’Rell am ehesten in Erinnerung, denn trotz ihrer nicht weniger schweren Maske bot auch Mary Chieffo eine sehr gute Leistung und stach damit unter allen anderen Neo-Klingonen heraus. Dabei trug ihr dubioser Charakter, bei dem man die gesamte Folge nicht wusste, ob sie es ernst meinte oder nur eine weitere Intrige spann, eigentlich zum verwirrenden Gesamteindruck der Folge bei. Doch gerade diese beinahe mystische Aura der Unwägbarkeit macht sie zu einem der wenigen außergewöhnlichen Klingonencharaktere mit einem hohen Wiedererkennungswert.
Der Hauptprotagonist der Serie, Michael Burnham, leidet hingegen am meisten unter der Mulitperspektive, die ihr vor allem wertvolle Screentime kostet. Immerhin springt dieses Mal eine Romanze, ein erster richtiger Kuss und der erste Beziehungsstreit heraus. Während Burnham also die typischen ersten Zeltlager-Erfahrungen macht, muss sie aber zeitgleich auch die Wissenschaftsoffizierin, die Meuterin, den Antagonisten für Saru und die Repräsentantin der Sternenflotte mimen – zu viel für so schmale Schultern, vor allem in so kurzer Zeit.
Die Autorin der Folge gab sich zudem alle Mühe, Ash Tyler vom Status eines Spions reinzuwaschen. Eine Beziehung mit Burnham, Träume über einen Segeltörn am Lake Shasta und so eine Art Gedankenverschmelzung mit Saru können nun auf der ständig wachsenden Liste der Gegenargumente geführt werden. Zudem wird sein Leiden unter der klingonischen Gefangenschaft erstmals zum Gegenstand seiner Ausführungen, wobei er nähere Schilderungen seiner Erlebnisse allerdings noch immer schuldig bleibt.
So reißen die Belege für die Theorie des klingonischen Spions in Menschengestalt keineswegs ab.
Beispielsweise verrät L’Rell vage, dass Voq ‹davongejagt‹ sei, will zielgerichtet auf die USS Discovery (warum bloß?) und ihr entstelltes Gesicht kann unter klingonischen Gesichtspunkten eigentlich nur dann als ehrenhafte Verletzung gelten, wenn ihrer Niederlage gegen flüchtende Sternenflotten-Gefangene etwas anderes zugrunde lag, als die Schande einer gelungenen Flucht.
Admiral Cornwall bleibt, nachdem sie sich in einer Folge mal richtig austoben konnte, wieder so blass wie zuvor. Die spannendste Frage im Zusammenhang mit ihr bleibt wohl, ob sie wirklich tot ist, denn es wirkt zweifelhaft, dass L’Rell wirklich so dumm ist, ihren besten Trumpf einfach so aus der Hand zu geben.
Viel zu wenig zu sehen blieb am Ende vom Chefingenieur Paul Stamets. Zwar wurde der Zuschauer zum ersten Mal Zeuge, wie er während eines Sprunges aussieht, aber seine stärkste Szene war eine andere: Jedes Wort, das er mit Tilly am Tisch in der Mannschaftsmesse besprach, war tiefsinniger als alles, was man in der vorigen Episode von ihm hören konnte. Am Ende war dies aber nur ein loses Fragment, das sich wie ein Fremdkörper in dieser Episode anfühlte.
Der Rest des Main Casts blieb auf ähnliche Weise im Hintergrund. Lorca war bestenfalls grummelig, Tilly einmal mehr ein besserer Stichwortgeber, Kol neben L’Rell einer der wenigen erwähnenswerten klingonischen Charaktere und Culber beinahe so etwas wie ein Statist mit einem einzigen Satz.
Kanonbrüche und Logiklöcher.
Tatsächlich gibt es in «Si Vis Pacem, Para Bellum» durchaus den ein oder anderen Querbezug zum offiziellen Kanon. Diese Anleihen sind nicht sonderlich aufdringlich, aber nichtsdestotrotz eindringlich. So erinnert Sarus Wandlung stark an die Spocks in «Falsche Paradiese«. Die Opferungsbereitschaft der Discovery, ein für ein anderes Schiff gedachtes Paar Torpedos abzufangen lässt an eine ähnliche Aktion der USS Excelsior im Orbit von Khitomer denken. Und die Diskussion zwischen L’Rell und Admiral Cornwell um vermeintliche Kriegsverbrechen der Föderation gegen Klingonen ist eine deutliche Anleihe aus «Das Gleichgewicht der Kräfte«.
Zudem war der Dialog zwischen Tyler und Burnham über das Wohl der vielen und einzelnen (vgl. ‹Denkwürdige Zitate‹) ein weiteres vergleichsweise dezent eingebautes Sahnehäubchen für die Alt-Fans.
Aber wiederum verliert sich die Folge in einer Vielzahl von Ungereimtheiten, Widersprüchen und Unsinnigkeiten, wobei ich an dieser Stelle gar nicht erst auf die in vorangegangenen Rezensionen bereits hinlänglich thematisierten Themen ‹Aussehen der Klingonen‹, ‹ahistorisches Schiffsdesign‹ oder ‹Holokommunikation‹ eingehen will – schließlich bietet diese Folge allein genug Gesprächsstoff.
Der unsinnigste Teil kreist fraglos um den Planeten Pahvo.
Ich habe noch immer nicht verstanden, warum ausgerechnet die Discovery als ‹Rückgrat der Sternenflottenverteidigung‹ auch noch allen Ernstes das Geheimnis dieses entlegenen Himmelskörpers lösen muss.
Oder ist sie – in bester Star-Trek-Tradition – wieder das einzige Schiff im Quadranten?
Ebenso interessant ist die Auslegung der Obersten Direktive, die Burnham hier anwendet um zu begründen, dass man ihr hier beim Erstkontakt mit den Pahvanern gerade nicht zuwider handelt. Bei ihrer kreativen Interpretationsfähigkeit mutet es beinahe erstaunlich an, dass sie dem Sternenflottengericht ihre Meuterei nicht als strikte Einhaltung von schiffsinternen Protokollen verkaufen konnte.
Andererseits erklärt ihr lockerer Umgang mit der Hauptrichtlinie der Föderation immerhin, warum bereits Kirk und Co. so häufig Kontakt mit eindeutigen Prä-Warp-Zivilisationen hatten.
Nicht minder fragwürdig scheint, woher die Pahvaner ein Stoffzelt zaubern konnten, wie sie Tyler zum Sender ‹beamen‹ konnten und warum ihre erstaunlich filigrane Kristallantenne, die wie Jacks Bohnenranke in den Himmel des Planeten ragte, sich nicht der Schwerkraft beugte um umzukippen.
Ich kann nur hoffen, dass sich die Pahvaner nicht als eine Art Organier entpuppen, die einige Jahre von den anderen großen körperlosen Wesen der Star-Trek-Geschichte ebenfalls alle Kriegsparteien zu ihrem Friedensglück zwingen werden.
Doch dies scheint in Anbetracht von noch sechs unausgestrahlten Folgen vergleichsweise unwahrscheinlich, auch wenn der Krieg zwischen Föderation und Klingonen so blutig wie ausgeglichen ist. Er wurde nicht zuletzt dadurch wieder ausgewogener, weil die noch nicht ganz ausgereifte, aber dafür allen Häusern offenstehende klingonische Tarntechnologie den einzigen Sporenantrieb der Föderation egalisiert.
Selbst wenn ich etwas Bauchschmerzen mit beiden Technologien zu dieser Zeit habe, liegt es noch immer in der Hand der Autoren, diese vermeintlichen Widersprüche aufzulösen und zum Gegenstand der größeren Handlung zu machen.
Dass sich Admiral Cornwell übrigens so schnell gegen die Todesstrafe ausspricht, hat mich zwar persönlich gefreut, aber ihrer Äußerung stehen anderweitige Aussagen zum Beispiel in «Talos IV – Tabu» oder «Computer M5» entgegen.
Amüsiert hat mich ferner, dass es nach der USS Buran mit der USS Gagarin bereits das zweite Sternenflottenschiff in einer sowjetischen Benennungstradition gab. Ich für meinen Teil freue mich schon auf die USS Potemkin, die USS Aurora und die USS Red October (die mit der Föderationsvariante der Tarnvorrichtung)…
VI. Fazit.
«Si Vis Pacem, Para Bellum» dürfte wohl keine von jenen Episode sein, bei denen irgendwann mal jemand sagen wird «Das war aber die beste Discovery-Folge!«.
Auch wenn in Ansätzen der gute Wille durchaus erkennbar war, bleibt die Qualität der Episode weit hinter den Erwartungen zurück. Zu groß sind die Diskrepanz zwischen der Handlung und der Folgendauer, die Lücke zwischen Kreativität und Wiederholung oder die Löcher, die durch zu viele offene Fragen gerissen wurden. Den Figuren gelingt es nicht, die geschickt platzierte Moral angemessen mit Inhalt zu füllen, weil ihnen die Dialogzeit wie Sand zwischen den Fingern davonläuft. Kirsten Beyers ursprüngliches Konzept ist jedenfalls von den angesprochenen Mitarbeitern gegen die Wand gefahren worden – falls es nicht schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
So lässt die Folge den Zuschauer jedenfalls in zu vielen Belangen unbefriedigt zurück und präsentiert sich eher als erster Teil eines Zweiteilers, dessen Bewertung ohne Kenntnis seines Nachfolgers nur negativ ausfallen kann.
Bewertung. «Es war nicht schmerzhaft. Nur verwirrend.»
VII. Schluss.
Nachdem die siebente Star-Trek-Serie «Discovery» nun definitiv in Form einer zweiten Staffel in die Verlängerung geht, gilt es nun, auch auf dem Fernsehschirm nachzulegen.
Bislang deutet die Formkurve kurz vor dem Ausstrahlungsende des ersten Teils der Serie nämlich eher nach unten, als in die entgegengesetzte Richtung und dies war die mit Abstand schlechteste Folge der noch jungen Ausstrahlungseschichte. Es liegt somit an den Produzenten, für die neunte Folge mehr «Wähle Deinen Schmerz» und weniger «Si Vis Pacem, Para Bellum» nachzulegen, um das Interesse an der Serie lebendig und die öffentliche Meinung positiv zu halten.
So wird man nächste Woche nicht umhinkommen, eine spannende Folge mit schlüssiger Handlung nachzuliefern und – wer weiß? – vielleicht sogar eines der vielen Geheimnisse etwa um Stamets Zustand, Cornwells Tod oder Tylers Identität lüften…
So oder so; der Druck auf die nächste Folge ist nach dieser hier ins unermessliche gestiegen…
VIII. Denkwürdige Zitate.
«Mr. Rhys, hätten Sie wohl die Güte und fangen mal an zu feuern?»
Captain Gabriel Lorca zu seinem taktischen Offizier
«Es wird Gelegenheit zum Trauern geben. Aber alles zu seiner Zeit.»
Lorca zur Brückencrew
«Ich wusste ja gar nicht, dass Sie so ein Sprinter sind, Mr. Saru.»
«Kelpianer können auf der Flucht Geschwindigkeiten von bis zu achtzig km/h erreichen. Sie können auch Jäger wittern aus einer Entfernung von zehn Kilometern.»
«Und wir mögen es besonders, wenn von uns in der dritten Person gesprochen wird wenn wir anwesend sind.»
Ash Tyler, Michael Burnham und Saru
«Ich grüße Sie! Wir sind Forscher vom Föderationsschiff Discovery. Wir kommen in Frieden.»
Saru
«Das Wohl von vielen…»
«Es lohnt sich, dafür zu kämpfen; sogar dafür zu sterben. Aber auch für das Wohl von wenigen.»
«Auch das von einzelnen…»
Burnham und Tyler
«Die Föderation kennt keine Todesstrafe.»
Admiral Katrina Cornwell
«Es ist doch höchst erstaunlich, dass während wir einen Krieg austragen, hier ein Ort des Friedens und der Harmonie überlebt. Und nicht nur das. Gedeiht!»
Saru
«Ich habe große Angst. Solche… Angst.»
Saru
«Ich kenne jedes Schott auf diesem Schiff. Es war einmal mein Zuhause.»
L’Rell zu Cornwell
«So sterben Sie wenigstens nicht in einem Käfig, Admiral.»
L’Rell zu Cornwell
«Na ja, jeder will die Klingonen besiegen. Ich will… ihnen wehtun.»
Tyler
«Sehen so Harmonie und Balance aus? Wo ist der Frieden, den Sie hier gefunden haben wollen?»
«Sie haben ihn mir weggenommen! Immer nehmen Sie mir alles weg!»
«Ich würde alles dafür geben, wenn ich eine Sekunde – eine Milisekunde! – Frieden hätte! Aber so lange der Krieg nicht vorbei ist, wird ihn niemand von uns finden!»
Saru und Burnham
«Ich habe Sie belogen. Und Lieutenant Tyler. Ich habe Sie angegriffen und hätte Sie töten können.»
«Das sind nicht Sie gewesen.»
«Doch. Das war ich. Wir werden furchtsam geboren, wir Kelpianer. Nur so überleben wir. Infolgedessen habe ich mein Leben lang auch nicht einen einzigen Moment ohne Furcht verbracht oder mich frei gefühlt. Keinen einzigen Moment. Erst auf Pahvo.»
Saru und Burnham
Besprechung Episode 01 & 02
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Besprechung Episode 04
Besprechung Episode 05
Besprechung Episode 06
Besprechung Episode 07
Sebastian Blasek (auch als Turon47 bekannt) ist in selbst seinen späten Dreißigern noch immer ein großer Star-Trek-Fan, nachdem er 1988 das erste Mal “Raumschiff Enterprise” im Westfernsehen sehen durfte. Aufgewachsen in einem Staat den es nicht mehr gibt, wohnt er heute in Potsdam, wo er Deutsch und Geschichte studiert hat. Der anglophile Fußballfan schreibt in seiner spärlichen Freizeit Artikel für die Star-Trek-Tafelrunde “Hermann Darnell” und schläft am Wochenende gern aus.
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